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Science Pavilion UZH

Mathematikerinnen und das langsame Chaos

Das Vermächtnis der Mathematikerinnen

Fortschritt ist, wie in jeder Wissenschaft, eine Reise, die gemeinsam unternommen wird: Er ist das Ergebnis von Teamwork und beruht sowohl auf der Zusammenarbeit im Hier und Jetzt als auch auf den Erkenntnissen von Forschenden in der Vergangenheit.

Die Arbeit von UZH Professorin Corinna Ulcigrai baut im Wesentlichen auf dem Wirken und der Leidenschaft mehrerer anderer Mathematikerinnen auf, welche sie (und viele andere) mit ihrem Bei- trag inspiriert haben auf ihrer Mission, unser Verständnis des langsamen Chaos voranzutreiben.

Corinna Ulcigrais Arbeit (mit Co-Autor Fraczek) zum Ehrenfest Modell von Tatjana und Paul Ehrenfest nutzt (nebst weiteren Werkzeugen) eine Konsequenz aus dem Magic Wand Theorem von Maryam Mirzakhani und Co-Autor Alex Eskin. Eine weitere Entdeckung (und ein Dauerthema in der Forschungsarbeit von Corinna Ulcigrai und ihrer Gruppe) ist die Rolle einer von Marina Ratner entdeckten Eigenschaft (bekannt als Ratner-Schereigenschaft) bei der Untersuchung vieler langsam-chaotischer Systeme, einschliesslich des Novikov-Modells.

 

Maryam Mirzakhani (1977 – 2017) war eine iranische Mathematikerin, die 2014 als erste Frau je mit der "Fields Medal" ausgezeichnet wurde, unter anderem auch wegen ihrer als Magic Wand Theorem bekannt gewordenen Beweisführung mit ihrem Kollegen Alex Eskin, zu der sie durch die Arbeit von Marina Ratner inspiriert wurde. Das Magic Wand Theorem (eine herausragende Arbeit, in der geometrische Eigenschaften bestimmter Flächen und ihre Verformungen charakterisiert werden) ist eines der seltenen Ergebnisse in der Mathematik, das überraschende Phänomene der „Rigidität“ aufdeckt, und ist so mächtig, dass es die Rolle eines mathematischen "Zauberstabes" spielt.

Tragischerweise starb Maryam Mirzakhani im Alter von 40 Jahren an Brustkrebs und hinterliess einen Ehemann und eine kleine Tochter. Im Jahr 2018 wurde beim World Meeting for Women in Mathematics der 12. Mai zu Ehren von Maryam Mirzakhanis Geburtstag als internationaler Tag zur Feier von Frauen in der Mathematik gewählt.

Finden Sie mehr heraus:

«Women in Mathematics day»

Artikel im Quanta Magazine über Maryam Mirzakhanis Forschung

Der Film «The Secret of the surface» (Zala Films) über Maryam Mirzakhani

Stanford memorial

«The Magic Wand Theorem»: Eine Einführung von Mathematiker A. Zorich

 

Marina Ratner (1938 – 2017), eine russisch-jüdische Mathematikerin, entdeckte einen Schlüsselmechanismus für langsames Chaos, bekannt als «Ratner Property of Shearing". Die «Ratner Property of Shearing" beschreibt, wie der Schmetterlingseffekt in vielen chaotischen Systemen auftritt. Beispiel: Zwei benachbarte Punkte bewegen sich entlang paralleler Spuren (Bewegungsbahnen), aber mit unterschiedlicher Geschwindigkeit, sodass ihre relative Position langsam in Bezug aufeinander „schert“ (siehe Abbildung unten).

shearing

Wo ein solcher Schmetterlingseffekt auftrat, z. B. bei langsam chaotischen Systemen algebraischer Natur, konnte Marina Ratner einige bemerkenswerte Konsequenzen ableiten. Sie bewies viele Ergebnisse, die als „Rigiditätssätze“ bekannt sind; einige wurden auch als „Ratners Sätze“ bekannt. Diese haben Anwendung in vielen Bereichen der Mathematik und darüber hinaus gefunden, wie z. B. der Zahlentheorie, der mathematischen Physik sowie in Netzwerken und in der Kommunikation.

Marina Ratner wanderte als alleinerziehende Mutter mit ihrer Tochter aus Russland nach Israel aus und zog dann in die USA, wo sie eine feste Stelle als Professorin an der University of California in Berkely bekam. 1994 wurde ihr als dritter Frau (nach Emmy Noether und der ersten Abel-Preisträgerin Karen Uhlenbeck) die Ehre zuteil, ihre Arbeit am International Congress of Mathematicians (ICM) vorzustellen, der hier in Zürich stattfand.

Marina Ratner am ICM

Finden Sie mehr heraus:

Nachruf in der New York Times

Tribute von der American Math Society mit Bildern, Erinnerungen und Geschichten von Kollegen und Freunden

Rednerinnen am «International Congress of Mathematicians»

 

Tatjana Ehrenfest-Afanassjewa (1876 – 1964) war eine russisch-niederländische Physikerin und Mathematikerin, die einflussreiche wissenschaftliche Artikel über statistische Mechanik geschrieben hat. Sie interessierte sich sehr für die Didaktik der Mathematik und organisierte mathematik-didaktische Kolloquien für Lehrer bei sich zu Hause. Verheiratet mit dem Physiker Paul Ehrenfest, war sie die Mathematikerin im Forscher-Paar der Ehrenfests, welches, nebst anderen Modellen, 1912 das unendliche Billard mit rechteckigen Hindernissen entwarf. Das Ehrenfest Modell (1912) stellt das langsame Chaos dar.