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Science Pavilion UZH

Der grösste Teilchenbeschleuniger der Welt

Zeitmaschine zum Ursprung des Universums: Der CMS-Detektor am CERN

Das CERN befindet sich in der Nähe von Genf. Eingezeichnet ist der 27 Kilometer lange Ringtunnel des Large Hadron Collider (LHC).

Warum gibt es so viele fundamentale Teilchen, wenn die gewöhnliche Materie nur aus einigen wenigen besteht? Warum gibt es im Universum mehr Materie als Antimaterie? Woraus besteht Dunkle Materie? Warum ist die Schwerkraft so schwach? Gibt es noch andere Elementarteilchen, die darauf warten, entdeckt zu werden? Selbst nachdem mit dem Higgs-Boson kürzlich das letzte vorhergesagte Elementarteilchen beobachtet wurde, bleiben viele Fragen offen. Eine der wichtigsten Einrichtungen, die nach Antworten sucht, ist das CERN.

Am Rande der Schweiz, mitten im All

Das CERN (Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire) ist eine Forschungsorganisation in der Nähe von Genf, die teilweise in Frankreich und teilweise in der Schweiz liegt. Sie betreibt den Large Hadron Collider (LHC), den in Bezug auf Energie leistungsstärksten Teilchenbeschleuniger der Welt. In seinem unterirdischen Ringtunnel werden zwei hochenergetische Teilchenstrahlen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt, bevor sie an vier verschiedenen Kreuzungspunkten, die den Positionen von vier Experimenten entsprechen, zur Kollision gebracht werden. An zwei dieser Experimente sind Forschungsgruppen der Universität Zürich beteiligt: CMS (Compact Muon Solenoid) und LHCb (Large Hadron Collider beauty).

Masse des LHC-Ringtunnels: Länge 27 Kilometer, Querschnitt Tunnelröhre: 2.8 Meter, Tiefe unter der Erdoberfläche 50-175 Meter
Ober- und unterirdische Teile des LHC am CERN: Eingezeichnet sind der Ringtunnel des LHC, die vier Experimente ATLAS, ALICE, CMS and LHCb sowie der sieben Kilometer lange Teilchenbeschleuniger Super Proton Synchrotron (SPS).

Was bisher geschah: Das CERN und das CMS-Experiment in Zahlen

1953

Gründung des CERN

1957

Inbetriebnahme des ersten Teilchenbeschleunigers am CERN

1983

Nachweis von Z- und W-Bosonen
Physik-Nobelpreis 1984 für Beiträge, die zur Entdeckung der beiden Bosonen geführt haben.

1989

Inbetriebnahme des Large Electron-Positron Colliders (LEP)

1990

Beginn des Projekts Large Hadron Collider (LHC)
1994 UZH wird Mitglied vom CMS Experiment
2000 Baubeginn des LHC
2008 LHC beginnt mit der Kollision von Protonen
Die LHC-Experimente ATLAS, ALICE, CMS und LHCb beginnen mit der Datenaufzeichnung, um fundamentale Fragen der Physik zu untersuchen.
2012 Nachweis des Higgs-Bosons von den Kollaborationen ATLAS und CMS
Physik-Nobelpreis 2013 für die theoretische Vorhersage des Higgs-Bosons.
2017 Austausch des innersten Spurdetektors des CMS-Experiments
Der 66-Megapixel-Spurdetektor wird duch den schnelleren und leichteren 124-Megapixel-Spurdetektor ersetzt. Dieser wurde teilweise an der UZH von Florencia Canelli und Ben Kilminster entwickelt.
2018 - 2025 Entwicklung des nächsten innersten Spurdetektors für das CMS-Experiment
Der nächste innere Spurdetektor wird etwa 2 Gigapixel haben und neu eine Detektorkomponente umfassen, die Teilchen in Vorwärtsrichtung (in Richtung Teilchenstrahl) nachweisen kann. Diese Komponente wird von der UZH und dem PSI entwickelt und gebaut. Der neue Spurdetektor soll von 2027 bis 2040 Daten im CMS-Detektor aufzeichnen.

 

Eine der grössten internationalen Kollaborationen der Geschichte: 3000 TeilchenphysikerInnen und StudentInnen, 50 Länder und 200 Institutionen
Dieser Linearbeschleuniger bildet die erste Stufe des LHC-Beschleunigerkomplexes. Er verwendet Radiofrequenz-Kavitäten, um negative Wasserstoffionen auf eine Energie von bis zu 160 MeV zu beschleunigen. Anschliessend werden die Elektronen abgestreift und die so entstandenen Protonen in die nächste Beschleunigungsstufe eingespeist. © CERN | Melissa Marie Jacquemod | 2017

Gut zu wissen

Ein Schwergewicht in jeder Hinsicht: Der CMS detektor: 21 Meter Länge, 15 Meter Höhe und Breite 14'000 Tonnen Gewicht und der innerste Spurdetektor (124-Megapixel-Tracker) macht 40 Millionen Bilder pro Sekunde

Im Large Hadron Collider werden geladene Teilchen – meistens Protonen – mit Hilfe von Hochfrequenzkavitäten auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und mit supraleitenden Magneten auf kreisförmigen Bahnen gehalten. An vier Stellen werden diese Teilchen zur Kollision gebracht. Wie beim Urknall am Anfang des Universums entstehen bei den Kollisionen vorübergehend instabile Teilchen, die über starke, elektroschwache und potenziell unbekannte Kräfte in leichtere Teilchen zerfallen. Diese Teilchen können Signale im CMS-Detektor hinterlassen, wodurch die Energie und die Bahnen der Teilchen gemessen werden können. Die Forschenden analysieren diese Signale und identifizieren so die Teilchen, die ursprünglich in den Kollisionen erzeugt wurden.

Mehr über den CMS-Detektor:

Wie ein Teilchenstrahl kontrolliert werden kann:

Die nächste Generation des CMS-Detektors:

Higgs und die Folgen: Das CMS-Experiment

Im Jahr 2012 entdeckten die CMS- und die ATLAS-Kollaborationen das Higgs-Boson, das letzte vom Standardmodell der Elementarteilchenphysik vorhergesagte Teilchen. Seine Existenz beschäftigt die in den 1960er Jahren entwickelte Theorie, die erklärt, wie Teilchen Masse erwerben. Trotz der erstaunlichen Vorhersagekraft des Standardmodells weist es bemerkenswerte Unzulänglichkeiten auf. So erklärt es beispielsweise nicht die Dunkle Materie, das Ungleichgewicht von Materie und Antimaterie, die relative Stärke der Kräfte oder die Existenz schwerer Kopien von Materieteilchen, von denen nur eines – das Top-Quark – stark mit dem Higgs-Boson interagiert. Das CMS-Experiment wurde gebaut, um nach neuen Teilchen und Wechselwirkungen zu suchen, die zur Klärung dieser Frage beitragen, und um die Theorie des Standardmodells mit einer noch nie dagewesenen Präzision zu testen.

Spurensuche: Rekonstruktion von Teilchen mit dem CMS-Detektor

Die folgenden Bilder zeigen verschiedene vom CMS- Detektor aufgezeichnete Ereignisse. Sie sind Kandida- ten für Ereignisse, bei denen Higgs-Bosonen, Top- Quarks oder hypothetische neue Teilchen erzeugt werden. Diese Teilchen haben eine extrem kurze Lebensdauer und lassen sich nur indirekt über ihre Zerfallsteilchen nachweisen.

Abbildung 1: Diese grafische Darstellung zeigt einen Kandidaten für ein Ereignis mit einem Higgs-Boson, das in zwei Tau-Leptonen zerfällt. Eines der Tau-Leptonen zerfällt in ein stabileres Muon, dargestellt als rote Linie, die mit einem Signal in den Muonkammern verbunden ist. Das andere Tau-Lepton zerfällt in ein schmales Teilchenbündel, das hier als orangefarbener Kegel veranschaulicht wird. © CERN 2017
Abbildung 2: Diese grafische Darstellung ist ein Kandidat für ein Ereignis, bei dem zwei Top-Quarks und zwei Bottom-Quarks erzeugt werden. Die Top-Quarks zerfallen in leichtere Quarks. Quarks lassen sich nicht direkt beobachten, aber sie bilden Teilchenbündel, sogenannte Jets, die im Bild als orangefarbene Kegel dargestellt sind. © CERN 2017
Abbildung 3: Eine grafische Darstellung eines Kandidaten für ein Ereignis, bei dem ein Higgs-Boson in Verbindung mit einem Top-Quark-Paar erzeugt wird. Das Higgs-Boson zerfällt in Muonen, dargestellt als rote Linien, und Neutrinos, die unentdeckt bleiben. Die Top-Quarks zerfallen in leichtere Quarks, die als Teilchenbündel, dargestellt als orange-farbene Kegel, identifiziert werden. Bei den grossen Strukturen in der Anzeige handelt es sich um die Muonkammern. © CERN 2018
Abbildung 4: Diese grafische Darstellung ist ein Kandidat für ein Ereignis, bei dem ein hypothetisches Teilchen erzeugt wird. Das neue Teilchen könnte sich aus der Existenz zusätzlicher Dimensionen oder neuer Kräfte ergeben. Das neue Teilchen ist instabil und zerfällt in vier Jets von beobachtbaren Teilchen, die als orange Kegel visualisiert werden. © CERN 2017

Was hat die UZH damit zu tun?

Forschungsgruppen der Universität Zürich sind an verschiedenen Detektoren am CERN beteiligt: Am CMS-Detektor forschen Florencia Canelli, Lea Caminada und Ben Kilminster, am LHCb-Detektor Nicola Serra und Olaf Steinkamp. Parallel dazu schlagen die UZH-Forschenden auch neue Experimente vor, die über den Zeitrahmen des LHC hinausgehen.

LANGE FORSCHUNG FÜR EINEN KURZEN MOMENT:
EIN EXPERIMENT SCHREIBT GESCHICHTE

Am CMS-Experiment wurde 2012 das Higgs-Boson nachgewiesen. Die im Beschleuniger erzeugten Higgs-Bosonen existierten für gerade einmal 0,00000000000000000000016 Sekunden,
also 1.6 x 10-22 Sekunden.

Und weiter geht’s…

Der LHC wurde mit einem langfristigen Plan für Grundlagenforschung entworfen. CMS wird noch mindestens zwei Jahrzehnte weiter messen und sich im Laufe der Zeit stetig weiterentwickeln. Neue Subdetektoren werden entworfen und hergestellt. Forschungsgruppen der Universität Zürich entwickeln eine zentrale Komponente des nächsten Silizium-Spurdetektors, der es dem CMS ermöglichen wird, Teilchen zu messen und nach Teilchen zu suchen, die näher an den LHC-Strahlen erzeugt werden. Dieser Silizium-Spurdetektor wird dann in der nächsten Phase des CMS-Experiments installiert und von 2027 bis 2040 Daten aufzeichnen.

Derzeit laufen am CERN Studien für einen neuen Teilchenbeschleuniger, dessen Ringtunnel dreimal länger als der des LHC ist. Dieser neue Beschleuniger würde Präzisionsmessungen des Higgs-Bosons und Tests für Modelle, die über die bekannte Physik hinausgehen, ermöglichen.

Wer forscht am CMS? Und was?

Die UZH-Physikerin Florencia Canelli und der UZH-Physiker Ben Kilminster entwickeln und und bauen Schlüsselkomponenten des inneren Spurdetektors für das CMS-Experiment. Ihre Forschung konzentriert sich auf den Nachweis neuer Teilchen und Wechselwirkungen, die einige der offenen fundamentalen Fragen der Physik beantworten könnten.

Prof. Florencia Canelli
Experimentelle Teilchenphysikerin

Herkunft: Argentinien,
seit 2012 an der UZH

Videoportrait von Prof. Florencia Canelli:

Prof. Ben Kilminster
Experimentelle Teilchenphysiker

Herkunft: USA und GB,
seit 2012 an der UZH

Videoportrait von Prof. Ben Kilminster:

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